Freitag, 1. Juni 2012
Akt IV
miss...sophie, 20:18h
Du sitzt den ganzen Abend an der Bar und lässt dich von Typen ansprechen, denen entweder die Zähne oder die Haare fehlen. Du kannst nicht sagen, was schlimmer ist von beidem und hoffst, dass mit dem nächsten Getränk ihrer Hässlichkeit Abhilfe geschaffen wird. Doch nach dem dritten oder vierten Glas Vodka mit Orangensaft gibst du schließlich die Hoffnung auf. Als dich einer der Kerle fragt, ob er dich nicht mit Nachhause nehmen kann, weil deine Augen so wunderbar zu seinem Bettzeug passen würden, fällt dir auf, dass du nicht weißt, wo du heute Nacht schlafen sollst. Als der Barkeeper langsam ungeduldig anfängt seinen Pub zu reinigen, ist dir klar, dass du gehen musst. Aber wohin?
Du schaust noch einmal zu der Gruppe Männer hinüber. Du könntest jeden haben, das war zwar sicher, aber auch wirklich keine Kunst. Keiner genügte jedoch deinen Ansprüchen, weder vom Alter, ihrem Aussehen, vor allem jedoch nicht vom Hygienestandart.
Deswegen verlässt du die Kneipe.
Wahrscheinlich ist deine Freundin fürchterlich besorgt um dich, anderseits sollte sie mittlerweile daran gewöhnt sein, dass du alleine mit einem Kerl durch die Stadt ziehst, schließlich ist das nicht das erste Mal. Allein, der Kerl fehlte heute. Er ist bei ihr. Du zerbrichst an dem Gedanken und das letzte was du willst ist, an ihrer Suite zu klopfen oder dir ein Zimmer im selben Hotel zu nehmen. Dann fällt dir plötzlich ein, dass er das Boot bestimmt für eine ganze Nacht gemietet hatte und torkelst langsam zurück zum Steg. Es ist traurig, wie es so alleine da liegt auf der ruhigen See. Alle Kerzen sind erloschen. Es ist der perfekte Ort für ein Mädchen mit gebrochenen Herzen.
Am Morgen wirst du unsanft von einem Hobbymatrosen geweckt, der sein Boot zurück haben möchte.
„Bist du die Braut?“, fragt er etwas erschrocken. Du schüttelst den Kopf. Du traust dich nicht zu reden, du weißt, wie furchtbar dein Atem riechen muss.
„Da hat er ja nochmal Glück gehabt. Also Lady, runter vom Boot“
Dir fällt auf, dass dein Rückfahrticket noch in ihrem Zimmer ist und musst deiner Freundin nun notgedrungen eine SMS schreiben, um es dir abzuholen.
Diese schreibt auch prompt zurück, um dir mitzuteilen, dass sie die Nacht voller Sorge um dich verbracht hat und nun froh ist, von dir zu hören. Sie bittet dich noch einmal in das Hotel zu kommen, weil sie dir eine unglaubliche Nachricht verkünden müsste. Sie würde sich freuen, dich zu einem Frühstück einladen zu können, um dir einfach alles zu erzählen.
Du bist genervt, schlimmer konnte es nun wirklich nicht kommen. Du sahst furchtbar aus, rochst nach Alkohol und jeder würde merken, wie fertig du warst. Solltest du so bei ihnen auftauchen?
Deswegen schreibst du ihr zurück: „Na, hier ist Nga. Kann es kaum erwarten die Neuigkeiten zu erfahren“ – und wie du es nicht erwarten könntest, dir das Ganze noch einmal anzuhören, wie sehr du dich zurückhalten müsstest, nicht die Beherrschung zu verlieren, in jeglicher Hinsicht.
„Davor musst du mir aber noch einen Gefallen gewähren: Ich war die ganze Nacht in den coolsten Clubs der Stadt und habe bis eben durch gefeiert, deshalb müsste ich mich noch einmal schnell bei dir duschen. Des Weiteren schlage ich eher ein Mittagessen vor, da ich noch mindestens eine Stunde brauche, bis ich wieder am Hotel bin, wenn alles gut läuft.“
Schon bei dem Gedanken bist du erschöpft, alles was du willst, ist nach Hause zu kommen.
Wirklich schlimm geht es dir jedoch erst, als du deine strahlende Freundin mit dem großen Ring an ihrem Finger siehst, wie sie dir freudig entgegenstürmt, während du völlig fertig mit deinem alten Fahrrad am Hotel ankommst.
„Ich habe so auf dich gewartet“, sagt sie, „ Ich kann es kaum erwarten dir alles zu erzählen! Ich warte im Garten Café auf dich.“ Sie steckt dir den Zimmerschlüssel zu.
„Wo ist dein Freund?“, fragst du und hoffst insgeheim, dass er nicht schon im Garten Café war, zusammen könntest du sie nicht ertragen.
„Der schläft noch“, sie schmunzelt, „aber keine Sorge, er schläft tief, du wirst ihn nicht wecken!“
Diese Situation ist dir unangenehm. Du konntest doch nicht duschen, während er schläft. Obwohl…
Vorsichtig drehst du den Schlüssel herum. Er sieht ja so süß aus, wenn er schläft. Ein Moment überlegst du, ob du dich daneben legen sollst, du warst schließlich entsetzlich müde, aber wenn er aufwachen würde, wäre das ein absolutes Desaster.
Deswegen schnappst du dir deine Sachen und verschwindest ins Bad. Die Dusche tut dir gut und du beschließt dort Zeit zu schinden. Als du fertig bist, schlingst du dir ein Handtuch um, steckst die deine Kopfhörer in die Ohren und versuchst, die Welt und den Ort an dem du bist zu vergessen.
Für einen Moment scheint die Musik alle Wunden zu heilen, bis plötzlich die Tür aufspringt, während du in die Bürste singst.
„Schatz?“, er starrt dich einen Moment an und du läufst dieses Mal am ganzen Körper rot an, „Upps, falsches Mädchen.“
Er grinst. Dir ist das furchtbar peinlich und du entschuldigst dich dafür, dass er dich im Bad erwischt hat. Er zuckt mit den Schultern und schaut dir hinterher, als du an ihm vorbei, zurück ins Schlafzimmer gehst.
Er duscht und in der Zeit ziehst du dich um und verschwindest. Du beschließt nicht mehr im Garten Café vorbei zu schauen, sondern gleich in den Zug zu steigen.
Die Tage vergehen und du ignorierst die SMS und Anrufe von beiden Seiten.
Du hast keine Lust irgendeine Korrespondenz mit ihnen aufzunehmen und schon gar nicht auf ihre blöde, eierschalfarbene Schnörkelhochzeitseinladung zu antworten, die du nach kurzem Durchlesen auch schon zerrissen und verbrannt hast.
Noch nicht einmal ein Date hattest du für diese Festlichkeit. Du konntest unmöglich dort hingehen.
Nach zwei Wochen lauert er dir vor deinem Haus auf, bevor du dich wieder in dein Haus verkriechen kannst, rennt er auf dich zu und legt den Arm um dich: „Ah nein, nicht schon wieder verstecken! Du bist jetzt einfach zwei Wochen ohne Grund verschwunden, wir dachten schon du seist gestorben oder so!“
Du schluckst. Diese plötzliche Attacke überwältigt dich, er sah so gut aus und auf einmal warst du so glücklich, wie schon lange nicht mehr. Er hatte sich Sorgen um dich gemacht.
„Erzähl was ist los? Ist es, weil ich dich im Badezimmer überrascht habe? Keine Sorge, du hast eine super Figur im Handtuch gemacht und die Mikrophon-Bürste stand dir ausgezeichnet! Hab ich dich damit irgendwie gekränkt?“
Du schüttelst den Kopf: „Nein, natürlich nicht.“
„Was ist es dann? Wir müssen das klären, denn ich will, dass du meine Trauzeugin wirst, keiner kennt mich so gut, wie du es tust!“
Das Atmen fällt dir schwer, vielleicht solltest du ihm jetzt alles erzählen, sonst würdest du vor Gott diese Ehe beteuern und das wolltest du verhindern, denn Gott war dir seit dem Religionsunterricht unglaublich wichtig.
Du leitest ihn zu einer nahegelegenen Bank: „Wir müssen reden! Ich denke nicht, dass ich deine Trauzeugin sein kann…“
Er zog die Augenbrauen hoch, doch dann entspannten sich seine Züge wieder: „Ich weiß was los ist…ach sie ist furchtbar. Ich wollte unbedingt, dass du meine Trauzeugin wirst und stattdessen hat sie dich gefragt, nicht wahr? Das war mir beinahe schon klar. Aber glaube mir sie hat auch noch andere Freundinnen, ich sag ihr noch heute Abend, dass du dich um entschieden hast und sie sich wen anders suchen soll!“
Er legt vorsichtig die Hand auf die Schulter und lächelt in deine Richtung: „Ich will dich unbedingt dabei haben!“
Du streifst sie ab und wendest dich weg: „Nein, ich kann nicht! Ich kann nicht einmal zu eurer Hochzeit kommen und schon gar nicht Trauzeugin spielen. Verstehst du das denn nicht?“
Deine Augen füllen sich mit Tränen.
Er ist verwirrt: „Warum nicht? Du bist die zweitwichtigste Person auf dieser Hochzeit. Du kennst uns beide gut und hast uns schließlich zusammengebracht! Was könnte dir wichtiger sein als die Hochzeit deines besten Freundes?“
„Was mir wichtiger ist? Mir ist wichtiger, dass du glücklich bist und das wirst du nicht sein mit ihr. Es ist eine furchtbar schlechte Idee sie zu heiraten, du bist gerade mal 19 und glaubst zu wissen, was wahre Liebe ist und erkennst nichts. Nichts erkennst du! Und mich willst du zu deiner Trauzeugin machen, mich!? Weißt du nicht, wie weh mir das tut?“
Er schüttelt den Kopf, darauf war er nicht vorbereitet: „Was zur Hölle ist los mit dir? Ich dachte du freust dich, dass dein bester Freund deine Freundin heiratet, aber du warst ja schon damals dagegen, Ich weiß nicht, was du hast, verkrümelst dich hier Zuhause und gibst uns noch nicht mal mehr eine Antwort. Ich dachte wir wären Freunde und du würdest alles für mich geben!“
Du schweigst, dann reißt du dich zusammen und sagst: „Ich will nicht mehr deine Freundin sein!“
Er schluckt und steht auf: „Wenn das so ist, kann ich ja auch gehen“.
Du kannst die Enttäuschung in seinen Augen sehen, als er sich umdreht und geht. Er wartet darauf, dass du ihn zurück rufst. Aber du bist still. Es zerbricht dir das Herz, aber du kannst ihm deine Motive nicht offenlegen.
„Komm schon, was soll das? Du weißt genau was du mir bedeutest. Du warst immer mein liebstes Mädchen. Wenn du nicht kommst, dann bricht es mir das Herz und ich weiß, dass unsere Freundschaft für immer beendet ist. Ist es das was du willst?“
Du bleibst stumm. Sein liebstes Mädchen.
Du stehst auf und läufst ihm ein Stück hinterher: „Ich will nicht mehr deine Freundin sein, weil ich es nicht kann. Ich kann nicht auf eure Hochzeit kommen, weil ich die einzige bin, die sich nicht für euch freut, weil ich mir wünsche, dass ich an ihrer Stelle wäre.
Ich liebe dich.
Ich habe dich immer geliebt, aber erst jetzt habe ich bemerkt, dass ich so fühle. Gib mir noch einmal eine Chance, ich verspreche dir, du wirst es nicht bereuen. Niemand kennt dich so wie ich dich kenne, dass hast du selbst gesagt. Bitte heirate sie nicht. Lass uns durchbrennen!“
Er bleibt stehen, geht ein Stück auf dich zu und schaut dir in die Augen. Er atmet tief durch: „Immer geliebt? Du hast mich nie geliebt. Ich war dir doch immer nur gut genug als dein bester Freund, aber nie für mehr. Wie oft habe ich versucht, dich davon zu überzeugen, dass ich der Richtige für dich bin und du hast es nie erkannt! Als du mich gefragt hast, ob ich dich zum Abiball begleite, dachte ich, dass sei meine große Chance und alles was du tust ist, dich diesem schwarzhaarigen Schönling an den Hals zu werfen. Ich habe mich damit abgefunden, weil ich glaubte ich könnte dich nicht glücklich machen, aber ich war frustriert. Und dann traf ich sie!
Sie war die Erste, die mich von Anfang an geliebt hat. Du warst damals meine erste Wahl, aber das hast du verwirkt. Jetzt willst du mich nur noch zurück, weil du mich nicht mehr haben kannst. Ich werde in einem Monat heiraten und bin der glücklichste Mann auf Erden, weil ich endlich eine Frau kennengelernt habe, bei der ich erste Wahl bin. Wenn du das nicht akzeptieren kannst, dann brauchst du nicht zu erscheinen. Keine Sorge, ich werde dich nicht zwingen meine Trauzeugin zu spielen.“
Beleidigt verschwindet er in die Dunkelheit. Du sitzt nun alleine dort und denkst nach. Vielleicht hat er Recht und du willst ihn wirklich nur, weil sie ihn hat. Vielleicht verlierst du aber auch gerade die Liebe deines Lebens.
Plötzlich weißt du, was du tun musst. Dein Entschluss steht fest. Nach kurzer Google-Recherche nimmst du Papier und Stift zur Hand und schreibst deinem Freund einen letzten Abschiedsbrief.
Du schaust noch einmal zu der Gruppe Männer hinüber. Du könntest jeden haben, das war zwar sicher, aber auch wirklich keine Kunst. Keiner genügte jedoch deinen Ansprüchen, weder vom Alter, ihrem Aussehen, vor allem jedoch nicht vom Hygienestandart.
Deswegen verlässt du die Kneipe.
Wahrscheinlich ist deine Freundin fürchterlich besorgt um dich, anderseits sollte sie mittlerweile daran gewöhnt sein, dass du alleine mit einem Kerl durch die Stadt ziehst, schließlich ist das nicht das erste Mal. Allein, der Kerl fehlte heute. Er ist bei ihr. Du zerbrichst an dem Gedanken und das letzte was du willst ist, an ihrer Suite zu klopfen oder dir ein Zimmer im selben Hotel zu nehmen. Dann fällt dir plötzlich ein, dass er das Boot bestimmt für eine ganze Nacht gemietet hatte und torkelst langsam zurück zum Steg. Es ist traurig, wie es so alleine da liegt auf der ruhigen See. Alle Kerzen sind erloschen. Es ist der perfekte Ort für ein Mädchen mit gebrochenen Herzen.
Am Morgen wirst du unsanft von einem Hobbymatrosen geweckt, der sein Boot zurück haben möchte.
„Bist du die Braut?“, fragt er etwas erschrocken. Du schüttelst den Kopf. Du traust dich nicht zu reden, du weißt, wie furchtbar dein Atem riechen muss.
„Da hat er ja nochmal Glück gehabt. Also Lady, runter vom Boot“
Dir fällt auf, dass dein Rückfahrticket noch in ihrem Zimmer ist und musst deiner Freundin nun notgedrungen eine SMS schreiben, um es dir abzuholen.
Diese schreibt auch prompt zurück, um dir mitzuteilen, dass sie die Nacht voller Sorge um dich verbracht hat und nun froh ist, von dir zu hören. Sie bittet dich noch einmal in das Hotel zu kommen, weil sie dir eine unglaubliche Nachricht verkünden müsste. Sie würde sich freuen, dich zu einem Frühstück einladen zu können, um dir einfach alles zu erzählen.
Du bist genervt, schlimmer konnte es nun wirklich nicht kommen. Du sahst furchtbar aus, rochst nach Alkohol und jeder würde merken, wie fertig du warst. Solltest du so bei ihnen auftauchen?
Deswegen schreibst du ihr zurück: „Na, hier ist Nga. Kann es kaum erwarten die Neuigkeiten zu erfahren“ – und wie du es nicht erwarten könntest, dir das Ganze noch einmal anzuhören, wie sehr du dich zurückhalten müsstest, nicht die Beherrschung zu verlieren, in jeglicher Hinsicht.
„Davor musst du mir aber noch einen Gefallen gewähren: Ich war die ganze Nacht in den coolsten Clubs der Stadt und habe bis eben durch gefeiert, deshalb müsste ich mich noch einmal schnell bei dir duschen. Des Weiteren schlage ich eher ein Mittagessen vor, da ich noch mindestens eine Stunde brauche, bis ich wieder am Hotel bin, wenn alles gut läuft.“
Schon bei dem Gedanken bist du erschöpft, alles was du willst, ist nach Hause zu kommen.
Wirklich schlimm geht es dir jedoch erst, als du deine strahlende Freundin mit dem großen Ring an ihrem Finger siehst, wie sie dir freudig entgegenstürmt, während du völlig fertig mit deinem alten Fahrrad am Hotel ankommst.
„Ich habe so auf dich gewartet“, sagt sie, „ Ich kann es kaum erwarten dir alles zu erzählen! Ich warte im Garten Café auf dich.“ Sie steckt dir den Zimmerschlüssel zu.
„Wo ist dein Freund?“, fragst du und hoffst insgeheim, dass er nicht schon im Garten Café war, zusammen könntest du sie nicht ertragen.
„Der schläft noch“, sie schmunzelt, „aber keine Sorge, er schläft tief, du wirst ihn nicht wecken!“
Diese Situation ist dir unangenehm. Du konntest doch nicht duschen, während er schläft. Obwohl…
Vorsichtig drehst du den Schlüssel herum. Er sieht ja so süß aus, wenn er schläft. Ein Moment überlegst du, ob du dich daneben legen sollst, du warst schließlich entsetzlich müde, aber wenn er aufwachen würde, wäre das ein absolutes Desaster.
Deswegen schnappst du dir deine Sachen und verschwindest ins Bad. Die Dusche tut dir gut und du beschließt dort Zeit zu schinden. Als du fertig bist, schlingst du dir ein Handtuch um, steckst die deine Kopfhörer in die Ohren und versuchst, die Welt und den Ort an dem du bist zu vergessen.
Für einen Moment scheint die Musik alle Wunden zu heilen, bis plötzlich die Tür aufspringt, während du in die Bürste singst.
„Schatz?“, er starrt dich einen Moment an und du läufst dieses Mal am ganzen Körper rot an, „Upps, falsches Mädchen.“
Er grinst. Dir ist das furchtbar peinlich und du entschuldigst dich dafür, dass er dich im Bad erwischt hat. Er zuckt mit den Schultern und schaut dir hinterher, als du an ihm vorbei, zurück ins Schlafzimmer gehst.
Er duscht und in der Zeit ziehst du dich um und verschwindest. Du beschließt nicht mehr im Garten Café vorbei zu schauen, sondern gleich in den Zug zu steigen.
Die Tage vergehen und du ignorierst die SMS und Anrufe von beiden Seiten.
Du hast keine Lust irgendeine Korrespondenz mit ihnen aufzunehmen und schon gar nicht auf ihre blöde, eierschalfarbene Schnörkelhochzeitseinladung zu antworten, die du nach kurzem Durchlesen auch schon zerrissen und verbrannt hast.
Noch nicht einmal ein Date hattest du für diese Festlichkeit. Du konntest unmöglich dort hingehen.
Nach zwei Wochen lauert er dir vor deinem Haus auf, bevor du dich wieder in dein Haus verkriechen kannst, rennt er auf dich zu und legt den Arm um dich: „Ah nein, nicht schon wieder verstecken! Du bist jetzt einfach zwei Wochen ohne Grund verschwunden, wir dachten schon du seist gestorben oder so!“
Du schluckst. Diese plötzliche Attacke überwältigt dich, er sah so gut aus und auf einmal warst du so glücklich, wie schon lange nicht mehr. Er hatte sich Sorgen um dich gemacht.
„Erzähl was ist los? Ist es, weil ich dich im Badezimmer überrascht habe? Keine Sorge, du hast eine super Figur im Handtuch gemacht und die Mikrophon-Bürste stand dir ausgezeichnet! Hab ich dich damit irgendwie gekränkt?“
Du schüttelst den Kopf: „Nein, natürlich nicht.“
„Was ist es dann? Wir müssen das klären, denn ich will, dass du meine Trauzeugin wirst, keiner kennt mich so gut, wie du es tust!“
Das Atmen fällt dir schwer, vielleicht solltest du ihm jetzt alles erzählen, sonst würdest du vor Gott diese Ehe beteuern und das wolltest du verhindern, denn Gott war dir seit dem Religionsunterricht unglaublich wichtig.
Du leitest ihn zu einer nahegelegenen Bank: „Wir müssen reden! Ich denke nicht, dass ich deine Trauzeugin sein kann…“
Er zog die Augenbrauen hoch, doch dann entspannten sich seine Züge wieder: „Ich weiß was los ist…ach sie ist furchtbar. Ich wollte unbedingt, dass du meine Trauzeugin wirst und stattdessen hat sie dich gefragt, nicht wahr? Das war mir beinahe schon klar. Aber glaube mir sie hat auch noch andere Freundinnen, ich sag ihr noch heute Abend, dass du dich um entschieden hast und sie sich wen anders suchen soll!“
Er legt vorsichtig die Hand auf die Schulter und lächelt in deine Richtung: „Ich will dich unbedingt dabei haben!“
Du streifst sie ab und wendest dich weg: „Nein, ich kann nicht! Ich kann nicht einmal zu eurer Hochzeit kommen und schon gar nicht Trauzeugin spielen. Verstehst du das denn nicht?“
Deine Augen füllen sich mit Tränen.
Er ist verwirrt: „Warum nicht? Du bist die zweitwichtigste Person auf dieser Hochzeit. Du kennst uns beide gut und hast uns schließlich zusammengebracht! Was könnte dir wichtiger sein als die Hochzeit deines besten Freundes?“
„Was mir wichtiger ist? Mir ist wichtiger, dass du glücklich bist und das wirst du nicht sein mit ihr. Es ist eine furchtbar schlechte Idee sie zu heiraten, du bist gerade mal 19 und glaubst zu wissen, was wahre Liebe ist und erkennst nichts. Nichts erkennst du! Und mich willst du zu deiner Trauzeugin machen, mich!? Weißt du nicht, wie weh mir das tut?“
Er schüttelt den Kopf, darauf war er nicht vorbereitet: „Was zur Hölle ist los mit dir? Ich dachte du freust dich, dass dein bester Freund deine Freundin heiratet, aber du warst ja schon damals dagegen, Ich weiß nicht, was du hast, verkrümelst dich hier Zuhause und gibst uns noch nicht mal mehr eine Antwort. Ich dachte wir wären Freunde und du würdest alles für mich geben!“
Du schweigst, dann reißt du dich zusammen und sagst: „Ich will nicht mehr deine Freundin sein!“
Er schluckt und steht auf: „Wenn das so ist, kann ich ja auch gehen“.
Du kannst die Enttäuschung in seinen Augen sehen, als er sich umdreht und geht. Er wartet darauf, dass du ihn zurück rufst. Aber du bist still. Es zerbricht dir das Herz, aber du kannst ihm deine Motive nicht offenlegen.
„Komm schon, was soll das? Du weißt genau was du mir bedeutest. Du warst immer mein liebstes Mädchen. Wenn du nicht kommst, dann bricht es mir das Herz und ich weiß, dass unsere Freundschaft für immer beendet ist. Ist es das was du willst?“
Du bleibst stumm. Sein liebstes Mädchen.
Du stehst auf und läufst ihm ein Stück hinterher: „Ich will nicht mehr deine Freundin sein, weil ich es nicht kann. Ich kann nicht auf eure Hochzeit kommen, weil ich die einzige bin, die sich nicht für euch freut, weil ich mir wünsche, dass ich an ihrer Stelle wäre.
Ich liebe dich.
Ich habe dich immer geliebt, aber erst jetzt habe ich bemerkt, dass ich so fühle. Gib mir noch einmal eine Chance, ich verspreche dir, du wirst es nicht bereuen. Niemand kennt dich so wie ich dich kenne, dass hast du selbst gesagt. Bitte heirate sie nicht. Lass uns durchbrennen!“
Er bleibt stehen, geht ein Stück auf dich zu und schaut dir in die Augen. Er atmet tief durch: „Immer geliebt? Du hast mich nie geliebt. Ich war dir doch immer nur gut genug als dein bester Freund, aber nie für mehr. Wie oft habe ich versucht, dich davon zu überzeugen, dass ich der Richtige für dich bin und du hast es nie erkannt! Als du mich gefragt hast, ob ich dich zum Abiball begleite, dachte ich, dass sei meine große Chance und alles was du tust ist, dich diesem schwarzhaarigen Schönling an den Hals zu werfen. Ich habe mich damit abgefunden, weil ich glaubte ich könnte dich nicht glücklich machen, aber ich war frustriert. Und dann traf ich sie!
Sie war die Erste, die mich von Anfang an geliebt hat. Du warst damals meine erste Wahl, aber das hast du verwirkt. Jetzt willst du mich nur noch zurück, weil du mich nicht mehr haben kannst. Ich werde in einem Monat heiraten und bin der glücklichste Mann auf Erden, weil ich endlich eine Frau kennengelernt habe, bei der ich erste Wahl bin. Wenn du das nicht akzeptieren kannst, dann brauchst du nicht zu erscheinen. Keine Sorge, ich werde dich nicht zwingen meine Trauzeugin zu spielen.“
Beleidigt verschwindet er in die Dunkelheit. Du sitzt nun alleine dort und denkst nach. Vielleicht hat er Recht und du willst ihn wirklich nur, weil sie ihn hat. Vielleicht verlierst du aber auch gerade die Liebe deines Lebens.
Plötzlich weißt du, was du tun musst. Dein Entschluss steht fest. Nach kurzer Google-Recherche nimmst du Papier und Stift zur Hand und schreibst deinem Freund einen letzten Abschiedsbrief.
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